Facebook Sperre dank Heiko Maas

Da wurde ich von Facebook doch glatt für einen kritischen Kommentar gegen Hasswut-Kommentare von (nicht nur rechten) Populisten 24 Stunden gesperrt. Da merkt man erst mal, wie abhängig man von gewissen Diensten geworden ist. Und es wird einem übel, bedenkt man, dass noch mehr wie WhatsApp und Instagram dranhinge im Zweifel. Facebook hat die Macht, durch eine Melde-Welle eines empörten Mobs eine Person vollständig aus dem Alltag seiner Bekannten (und btw, auch dem Beruf als Social-Media Manager) herauszureißen. Das gibt WIRKLICH zu denken.

Button (c) Sam Michel, Flickr.

Facebook löscht erfahrungsgemäß mindestens einen von zwei Kommentaren nicht, in denen Flüchtlinge oder Muslime oder andere Randgruppen, Hilfsbedürftige usw. verunglimpft, beschimpft, als „Invasoren“ usw. dargestellt werden. In Kenia beispielweise bekämpfe man sich ja nur, um in Deutschland als Asylant einfallen zu können. Es heißt, „man müsse seine Frauen wegsperren um sie vor Flüchtlingen zu retten“. Und natürlich, wie könnte es anders sein, Flüchtlinge steigern die Kriminalität, den Terrorismus und sorgen für reichlich Macheten-Angriffe in Bahnen. „Die Regierung“ nenne sie ja nur „psychisch krank“, um zu verschleiern, dass Merkel sich strafbar mache indem sie „die Invasoren“ ins Land ließe. All das sind Dinge, die von rechts propagiert werden.

Man schaut in die Kommentare unter Bild, N24, Focus und Co. Artikel und bekommt Brechwürgreizdarmanfälle. So viel braune Suppe wird doch kommentiert. Oft sind es verängstigte Menschen, die es nicht besser wissen, die alles glauben, was die Bild und ihr Umfeld ihnen vorkaut. Dieses Umfeld eignet sich Wissen selbst oft auch nur von zweit- und drittklassigen Medien an, die wiederum für sich behaupten, die einzige Wahrheit gepachtet zu haben. Die „Mainstream-Lügenpresse hielte 99% der Deutschen ja unter Merkels Hand“. Wie dem auch sei – Facebook toleriert solche Kommentare sehr häufig und löscht sie nicht, selbst wenn es sich um glasklare Hassrede handelt.

Die Seitenbetreiber wie Tagesschau und ZDF, die sich als angebliche „Lügenpresse und Staats- und Merkelfernsehen“ noch häufiger solchen Kommentatoren ausgesetzt sehen, sind wesentlich empfindlicher und agieren seriös gegenüber solchen Kommentaren. Während Hasskommentare recht schnell moderiert werden, lassen Bild, Focus, N24, NTV und Co. gerne laufen bis es unerträglich wird und wenden stattdessen lediglich einen sehr rigiden Wortfilter an. Dieser Filter führt dann nur umso öfter dazu, dass man als sachlicher Kommentator, der die Dinge wie „Rechtsradikalismus“ oder „Nazis“ oder ähnliche Buzzwords beim Namen nennt, ausgefiltert wird. Unbemerkt. Grenzt in der Tat schon an Zensur, denn man merkt oft nicht, dass der eigene Kommentar nicht sichtbar ist.

Kommen wir zum fraglichen Post von ZDF heute, unter den ich den durch Facebook gelöschten Kommentar setzte, der zu einer Diskussion mit einem weiteren Nutzer führte. Dieser beleidigte mich mehrfach, worauf ich weiterhin stur Argumente brachte & forderte und sachlich ruhig blieb. Das verärgerte den Kommentator wohl so sehr, dass er seine Freunde bat, meinen Kommentar zu melden. Das geschah dann offenbar offensichtlich auch, woraufhin mich Facebook 24 Stunden sperrte. Kino.

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Mein angeblicher Verstoß gegen die Community-Standards von Facebook, welche noch immer auf dem Hass- und rechten Auge blind zu sein scheinen, bestand nun darin, unter oben zu sehenden Artikel zu schreiben:

https://twitter.com/stefan_pandur/status/895942069251911680

Dem muss eigentlich nichts mehr hinzugefügt werden. Ich sehe in dieser Frage weder eine Beleidigung noch einen Verstoß. Allenfalls eine Provokation.

Hier sehen wir also die Auswüchse des „Hassrede Gesetzes“ (Netzwerkdurchsetzungsgesetz >NetzDG<) von und mit Heiko Maas. Facebook löscht und sperrt nun wesentlich schneller, um eventuellen Klagen und Strafen zu entgehen. Das dabei auch legitime Inhalte unter die Räder kommen, ist bei automatisierten Vorgängen und einem recht kleinen Team von „Löschbearbeitern“ nicht zu verhindern. Nicht, dass dieser Umstand, der die Meinungsäußerung erheblich beschränken kann, Herrn Maas und dem Bundeskabinett vorher nicht mitgeteilt wurde – die Kritik war groß, man scherte sich populistisch einfach nicht darum. Wahlen stehen an, man wollte was gegen den „Hass im Netz“ tun. Ja, da bin ich sogar bei: Das muss man. Und man muss es richtigmachen. Das beste Mittel gegen Unwissenheit, Hass und Dummheit nennt sich „Bildung“. Diese und politische Aufklärung kosten aber Geld und sind lange nicht so geil für den Wahlkampf ausnutzbar.

Ich habe nun gelernt, dass auf Facebook keinerlei Verlass ist. Sich mit dem Facebook Account irgendwo einloggen zu können, mag praktisch erscheinen, ist aber eklatant, wenn man den Zugriff auf den Facebook Account verliert. Durch die Inhaberschaft von WhatsApp wird es noch ein wenig brisanter.

Ein Freund von mir, der häufig mal grenzwertige Trollkommentare ablässt, wird immer wieder mal von Facebook gesperrt. Mal einen Tag, mal eine Woche. Facebook beabsichtigt damit eine erzieherische Maßnahme. Er lernt daraus aber nichts, denn er legt es ja darauf an, gesperrt zu werden – denn er hat mehrere Accounts, mit denen er mit seinen Bekannten in Verbindung bleiben kann, nichts zu verlieren. Wenn einer gebannt ist, nutzt er den anderen. Was er in harmloser Weise ausnutzt, nutzen Hassredner und Anhänger fragwürdiger Überzeugungen, um ihre Parolen und Hass zu verbreiten. Da kann Facebook sperren wie es will. Sie nutzen Facebook mit mehreren Accounts und sichern sich so gegen Sperrungen ab – und bringen ganz nebenbei ihren „echten“ Account nicht in Verbindung mit den Inhalten, die sie mit dem Fake-Account verbreiten.

Etwa 26 Millionen Nutzer hat Facebook in Deutschland, mehr als 60% der Deutschen nutzen WhatsApp (Quelle). Auch bei älteren Menschen oder Gruppierungen mit viel Tradition und Brauchtum entwickeln sich beide Dienste zunehmend als Ersatz fürs Telefon und Mails. Umso prekärer und reell beängstigend, wenn eine Firma wie Facebook quasi willkürlich die Tür zur Welt abschließen kann.

Daumen runter, Facebook.